Lappland Reise und Bären in freier Natur
von Alessandro Sgro am 5. Juli 2021
Wann immer Alessandro sich in die Natur begibt, um nach Wildtieren zu suchen, weiß er nicht, was ihn erwartet: Kommt er mit einem Foto nach Hause oder wie so oft, nach einigen Stunden des Wartens, mit leerer Speicherkarte? „Am Ende des Tages ist es aber nicht das Bild, worauf es ankommt“, sagt der Naturfotograf, „sondern die in der Natur verbrachte Zeit, die für mich wie Meditation ist. Der Gesellschaft entkommen und einfach mal abschalten.“ In seinem Bericht nimmt Alessandro uns mit auf eine wilde Reise durch die Tierwelt Skandinaviens.
Auf nach Skandinavien
Der Bär als Tier hatte von Beginn an etwas Magisches für mich. Er faszinierte mich schon damals, als ich ein kleiner Junge war. Heute, zwanzig Jahre später, kam ich zum Entschluss mich endlich nach Skandinavien aufzumachen und mir einen meiner größten Träume zu erfüllen: Bären in freier Natur sehen und fotografieren zu können.
Nachdem meine Planungen und die Route abgeschlossen waren, packte ich meine Sachen, bereitete mein Auto vor und machte mich auf zu meinem ersten Etappenziel – Hamburg. Für die nächsten vier Wochen habe ich geplant, in meinem Auto unterwegs zu sein und dieses auch als Schlafplatz und mein mobiles Zuhause zu nutzen.
Polarfüchse im Hardangervidda Nationalpark
Nachdem ich über Nacht in Hamburg Rast gemacht hatte, ging es Richtung Hirtshals, um die Fähre nach Norwegen, Larvik zu nehmen. Angekommen ging es zu meinem ersten Ziel, dem Hardangervidda Nationalpark. Dort erhoffte ich mir meine ersten Wildlife Begegnungen. Besonders die scheuen Polarfüchse hoffte ich fotografieren zu können. Nach 26 Kilometern Wandern durch den strömenden Regen, entschied ich, mich zum Auto zurückzukehren. Das einzige, was ich ausfindig machte, waren Schafe.
Trauriger Anblick am Gletscher Jostedalsbreen
Weiter ging es zum Jostedalsbreen, dem größten Festlandgletscher Europas. Bei einer Gletscher Wanderung konnte ich nach Absprache mit dem Guide und den restlichen Wanderern einige erhoffte Drohnenbilder machen.
Am folgenden Tag ging es früh raus, um an der Gletscherzunge Briksdalsbreen ungestört die Momente genießen zu können. Dort fand ich leider nur ein für mich trauriges Bild. Die Gletscherzunge hatte sich fast hinter den Hügel zurückgezogen, im Vergleich zu vier Jahren zuvor, als man den Gletscher noch berühren konnte.
Bis zum Jahr 2100 wird er wohl 38 Prozent seines Volumens verlieren. Schon jetzt bilden sich am Ende der Gletscherzungen Seen aus Schmelzwasser. Dass der Klimawandel kein Kindermärchen ist, sollte eigentlich der letzte verstanden haben. Jeder kann einen kleinen Teil dazu beitragen, dass es hier Besserung gibt.
Moschusochsen im Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark
Nach dieser traurigen, aber immer noch beeindruckenden Erfahrung erreichte ich mein vorher in Norwegen erklärtes Hauptziel, den Dovrefjell-Sunndalsfjella-Nationalpark. Nachdem ich mir Infos über die letzten 300 dort lebenden Moschusochsen bei einem super freundlichen Ranger holte, ging es für mich in den 1.693 Quadratkilometer großen Park.
Auch hier hoffte ich, Polarfüchse finden zu können. Die ersten Ochsen fand ich nach rund zwanzig Kilometern. Diese laufen bis zu 60km/h und sind einfach verdammt mächtige Artgenossen. Nachdem ich mich sichtbar gezeigt hatte, akzeptieren die Tiere mich. Es war ein tolles Gefühl, diese wunderschönen Geschöpfe fotografieren zu dürfen.
Am Ende des Tages zählte mein Schrittzähler zweiunddreißig Kilometer. Am darauffolgenden Tag brach ich mit deutlich leichterem Gepäck auf. Insgesamt konnte ich 35 Moschusochsen ausfindig machen, aber keinen Polarfuchs. Die Nacht verbrachte ich anschließend im Schlafsack unter freiem Himmel, ebenfalls eine tolle Erfahrung. Die Tage im Park endeten mit sechzig Kilometern Wandern und vielen wunderschönen Landschaften.
Wölfe und Bären in Lappland
Nun war es an der Zeit, sich auf nach Finnland zu machen. 1400 Kilometer weiter erreichte ich das finnische Lappland. Die nächsten Tage verbrachte ich hier und fotografierte Elche und Rentiere.
Weiter östlich erreichte ich schließlich Kuusamo. An der russischen Grenze hoffte ich, mir meinen Bären-Traum zu verwirklichen. Also ging es für sechzehn Stunden in eine Wildlife Hide, eine kleine Holzhütte, aus der man wilde Tiere fotografieren kann. Was sich hier abspielte, habe ich bis heute nicht wirklich realisiert.
Mein Traum wurde wahr – ich sichtete mehrere Bären! Das war aber nicht das Ende meiner Sichtungen: In dieser Nacht beobachte ich noch ein ganzes Wolfsrudel, einen jungen Adler und zu guter letzt den scheuen Vielfraß. Als wäre das nicht genug Glück gewesen, durfte ich auch noch den Moment, als der Bär und Wolf gemeinsam zu sehen waren, festhalten. Diese Momente werde ich wohl mein ganzes Leben nicht vergessen! Schlafen war danach eher schwierig.
Kanutour in Östersund
Mit diesen unvergesslichen Erfahrungen im Gepäck ging es nach Östersund, wo ich meinen Schwager Felix einsammelte. Drei Wochen Solo Traveling waren damit beendet. Mit ihm ging es auf Kanutour. Mein erstes Mal im Kanu, um genau zu sein – und es wurden sechs wunderschöne Tage. Diese Stille war wirklich magisch. Keine anderen Menschen, keine Autos, kein Trubel, nur das Gezwitscher der Vögel, das Rauschen des Windes und das Knistern des wärmenden Feuers. Als krönenden Abschluss gelang es mir dann noch Fischadler zu fotografieren.