The Fernweh Collective

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Fashion Changers über grüne Reisekleidung

Interview mit Fashion Changers am 1. Mai 2020

Wie der Name Fashion Changers schon vermuten lässt, haben die drei Gründerinnen des Projekts Jana Braumüller, Vreni Jäckle und Nina Lorenzen die Mission, die Modewelt zu verändern. Dieses Ziel verfolgt das Trio auf vielen Wegen: Mit ihrem Online-Magazin, in dem sie Aufklärung und Inspiration zum Thema faire Mode bieten. Mit Events, bei denen sie Menschen, die ebenfalls etwas verändern wollen, an einen Tisch bringen und Diskussionen fördern. Oder indem sie gemeinsam Demonstrationen und Petitionen unterstützen.

Im Interview mit den drei Modeaktivistinnen, die vor kurzem ihr erstes Buch veröffentlicht haben, sprachen wir über umweltfreundliche und faire Reisekleidung und die Zukunft der nachhaltigen Modewelt.

Fashion Changers photo by © Emilie Elizabeth

Was ist die Story hinter Fashion Changers?

Wir haben uns quasi im Internet kennengelernt. Wir hatten alle unabhängig voneinander Blogs oder Online-Magazine, die sich auf die ein oder andere Art mit dem Thema faire Mode auseinandergesetzt haben. Über eine Facebook-Gruppe haben wir uns schon längere Zeit ausgetauscht, bis wir uns das erste Mal auf einem Event getroffen haben und merkten: Dieses Vernetzen untereinander und gemeinsam an Themen arbeiten ist so wichtig, das muss es regelmäßig geben! Also haben wir mit unseren Events angefangen, um spannende Menschen aus der nachhaltigen Szene miteinander zu vernetzen. Dieser Community-Spirit war uns von Anfang an wichtig. Langsam ist Fashion Changers dann zu dem geworden, was es heute ist.

Welche Themen beschäftigen euch aktuell im Bereich Fair Fashion?

Ganz aktuell sind natürlich die Auswirkungen der Corona-Krise sehr deutlich in der ganzen Branche zu spüren. Das beschäftigt uns sehr, denn in der Modebranche leiden in einer Krise zumeist die, die es ohnehin häufig schon sehr schwer haben: Textilarbeiter*innen werden aktuell massenhaft gekündigt oder beurlaubt und Baumwollproduzenten stehen wegen des sinkenden Baumwollpreises noch stärker unter Druck. Die Auswirkungen sind weitreichend und werden uns sicherlich noch eine längere Zeit beschäftigen.

Fashion Changers photo by © Emilie Elizabeth

Was sind die wichtigsten Punkte, die beim Kauf von nachhaltiger Reisekleidung beachtet werden müssen?

Zunächst einmal kann man zwischen fairer Mode und nachhaltiger Mode unterscheiden. Im Bereich Fairness geht es vor allem um Menschenrechte und im nachhaltigen Bereich um die Umwelt. Die Themen werden oft zusammengedacht, da eine umweltfreundliche Produktion natürlich auch für die Menschen, die unsere Kleidung machen, besser ist, da sie zum Beispiel nicht in Chemikalien stehen müssen, während sie unsere Jeans veredeln.

Ich kann beim Kauf also auf ökologische Materialien, wie zum Beispiel Bio-Baumwolle, Lyocell, Hanffasern, achten und natürlich die Produktionsbedingungen hinterfragen: Werden die Textilarbeiter*innen angemessen bezahlt? Dürfen sie Gewerkschaften bilden? Am besten finde ich das heraus, indem die Labels ihre Lieferkette transparent machen und dies zum Beispiel über Siegel wie GOTS, Fairtrade oder IVN Best belegen. Oder ich frage nach und erhalte im besten Fall mehr als den üblichen PR-Text. Wem Nachhaltigkeit besonders wichtig ist, kann zum Beispiel auch drauf achten, ob das Kleidungsstück aus Mischgewebe hergestellt wurde, ob es vielleicht sogar Cradle-to-Cradle-zertifiziert ist oder ob es sich um ein Material handelt, was ich eventuell nicht so häufig waschen muss.

Welche Gedanken und Ratschläge fallen euch spontan zur umweltfreundlicher Reisekleidung ein?

Für Reisen benötigen wir ja oft Outdoorbekleidung. Diese ist mitunter paradoxerweise für die Umwelt katastrophal. Hier wird viel auf Chemiefasern auf Erdölbasis zurückgegriffen, Mischfasern sind oft Gang und Gebe und auch Chemikalien werden für besonders wasserabweisende oder winddichte Kleidungsstücke in hohen Mengen verwendet.

Beim Kleidungskauf gilt als erste Regel immer: Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, was du bereits besitzt. Überlege also sehr genau, ob es dieses Jahr wirklich ein neuer Windbreaker sein muss. Wenn die Antwort Ja lautet, empfehlen wir zunächst in den Kleiderschränken von Freund*innen und Family zu stöbern. Gerade Regenkleidung, ein großer Reiserucksack oder ein Zelt muss ja nicht unbedingt jeder Haushalt besitzen. Viele Outdoor-Marken bieten inzwischen auch Verleih-Services an. Ansonsten gibt es natürlich auch noch die Möglichkeit, Secondhand zu kaufen.

Und wenn es dann aber doch unbedingt neu sein muss, gibt es einige wenige Anbieter, die sich besonders bemühen. Vaude aus Deutschland zum Beispiel. Oder auch Patagonia, bei denen du ein Teil reparieren lassen kannst. Auch so ein Tipp: Kaputte Reisekleidung einfach reparieren lassen. Im Sportswear-Bereich gibt es mittlerweile auch schon jede Menge nachhaltige Anbieter. Die Yogahose bietet sich mitunter auch ganz gut zum Wandern an – wir haben das für euch getestet (lachen).

Könnt ihr die Probleme der Outdoorkleidung und mögliche Lösungsansätze aufzeigen?

Ein großes Problem bei Outdoorkleidung ist der hohe Chemikalieneinsatz, um die Kleidung möglichst “haltbar” zu machen. Zudem werden eben oft Mischgewebe verwendet, also eine Mischung aus Chemie- und Naturfasern. Das ist Kleidung, die am Ende ihres Lebens, eigentlich nur in der Müllverbrennungsanlage landen kann. Ein weiteres Problem ist sicherlich auch die tierrechtliche Komponente – gerade wenn es um Wolle und Daunen geht, was ja häufig im Outdoorbereich verwendet wird, um die Wärmekomponente zu gewährleisten. Dabei achten viele große Hersteller nicht auf eine artgerechte Haltung, im Gegenteil. Die Industrie dahinter ist eine sehr grausame und es ist nur schwer zu verstehen, wie Naturliebhaber*innen dies unterstützen können.

Ökofaire Labels versuchen diese Probleme mit viel Kreativität und Innovation zu lösen. So wird an weniger problematischen Materialien geforscht. Mithilfe von Lyocell und Baumwolle können dann zum Beispiel thermische Eigenschaften von Wolle “nachgebaut” werden. Lyocell ist obendrein sehr atmungsaktiv und temperaturregulierend und bringt damit viele Eigenschaften von Wolle mit sich. Um Kleidung wasser- oder windfest zu machen, wird zum Beispiel mit recyceltem Polyester experimentiert. Ein Label, das dabei ganz wundervolle Arbeit leistet, ist zum Beispiel Bleed aus Oberfranken.

Ein weiterer Tipp für Outdoorkleidung aller Art ist auf jeden Fall so wenig wie möglich zu waschen. Gerade Fleece- und Wollpullover, aber auch Outdoorhosen können durch Auslüften frisch gemacht werden. Fleece verliert beim Waschen sehr viel Mikroplastik, das dann wieder in den Meeren landet – für passionierte Reisende eigentlich ein Horrorszenario. Apropos Meer, auch Badebekleidung ist oft ein Problem, da sie meist aus erdölbasierten Fasern hergestellt wird. Lange Zeit gab es dafür keine Alternative. Mittlerweile gibt es aber zum Beispiel Econyl, also recyceltes Nylon bzw. sogenanntes Ocean Plastic, das im nachhaltigen Bereich oft für Swimwear eingesetzt wird.

Fashion Changers photo by © Emilie Elizabeth

Was sind eure Top-Labels, die in Sachen Reisekleidung und Outdoorkleidung gute Arbeit leisten?

  • Bleed haben von Outdoorjacke bis Wanderhemd alles.

  • Margarete & Hermione aus Wien macht richtig coole Swim- und Activewear.

  • Bei Wayks, Pinqponq und Melawear gibt’s super Rucksäcke für diverse Reisen – von Städtetrip bis Wanderurlaub.

  • Ecoalf hat eigentlich alles, was man sich vorstellen kann – von Sneaker bis fette Winterjacke.

  • Für hochfunktionale Outdoorkleidung sind am ehesten Vaude und Patagonia (darüber kann man sich auch streiten, aber hey) geeignet.

  • Inaska macht coole Bademode und gut sitzende Yoga- und Wander-Leggins.

  • Lowa und Ahimsa bieten fair produzierte Wanderschuhe, die sind aber leider nicht komplett ökologisch.

  • Bei Veja gibt’s nachhaltige Laufschuhe.

Wenn ihr ein eigenes Label für Reisekleidung gründen würdet, was wäre euch besonders wichtig?

Das Label wäre auf jeden Fall ökologisch, fair und vegan – dreifache Herausforderung also. Ein modernes und farbenfrohes Design wäre uns vermutlich allen wichtig, gerade im Outdoorbereich gibt es auch viel altbackene Sachen oder coole Independent-Brands, die dann aber leider nicht nachhaltig sind.

Multifunktionalität würden wir groß schreiben. Outdoorkleidung, die immer nur für eine Aktivität gedacht ist, finden wir irgendwie Quatsch. Die Hose kannst du zum Wandern, Chillen, aber eben auch zum Yoga anziehen. Das Handtuch ist Yoga- und Reisehandtuch zugleich. Die Jacke ist für den Winter in der Stadt genauso geeignet wie für die Höhenwanderung und der Rucksack ist durch clevere Funktionen in seiner Größe für jede Aktivität verstellbar.

Außerdem würden wir sehr eng mit unseren Produzent*innen zusammenarbeiten und am liebsten ein Label nicht nur für uns gründen, sondern zum Zwecke des Gemeinwohls. Gewinne würden wir damit nicht behalten, sondern in gesellschaftlich sinnvolle Projekte und Forschung investieren.

Welche Pläne habt ihr für die Zukunft – wohin geht es mit dem Projekt Fashion Changers?

Wir sind super happy, dass nach einem Jahr Arbeit nun endlich unser Buch draußen ist - und freuen uns über jede Nachricht, die uns dazu erreicht. Mal schauen, wohin uns die Buchreise noch so führt. Ansonsten stecken wir aktuell noch mehr Power in unser Online-Magazin und arbeiten hinter den Kulissen an einem Relaunch.

Das größte Projekt dieses Jahr ist aber definitiv die Fashion Changers Konferenz: eine eintägige Weiterbildungskonferenz zum Thema Mode & Verantwortung für Professionals aus dem Nachhaltigkeitsbereich, die im Spätherbst 2020 in Berlin stattfinden wird.

In Sachen Modeaktivismus werden wir dieses Jahr weiterhin alles daran setzen, ein Lieferkettengesetz Realität werden zu lassen. Die Corona-Krise zeigt nochmal sehr deutlich, wie unsolidarisch viele der großen Fast-Fashion-Unternehmen mit den Menschen entlang ihrer Lieferketten umgehen und wir Profit über alles andere gestellt wird. Wir fordern einen verbindlichen Regelrahmen für Unternehmen, damit unternehmerische Verantwortung nicht an unseren Ländergrenzen aufhört.


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