Yoga Retreat in der Mongolei
von Only Soul am 26. April 2021
Der Blick war in den Himmel gerichtet zur leuchtklaren Milchstraße – in jeder Himmelsrichtung nichts als die endlose, schroffe Landschaft zu erblicken. In dieser natürlichen Kulisse fanden David und Chris Einklang mit der Natur und mit sich selbst. Gemeinsam mit sechs weiteren Yogis erlebten sie während einer einzigartigen Yogareise durch die Mongolei besondere Momente der Einkehr und Verbundenheit, praktizierten Yoga an einzigartigen Orten und erlebten die mongolische Kultur hautnah in einer Nomadenfamilie.
Vor nicht allzu langer Zeit gründeten die beiden Freunde ihre Online-Reiseagentur Only Soul, die sich auf kuratierte Yogareisen spezialisiert hat. Wir sprachen mit Chris und David über ihr Yoga Retreat in der Mongolei und über die Zukunft des spirituellen Reisens in Zeiten von Klimakrise und Corona.
David, Chris, wie kam es dazu, dass ihr zu Yogapreneurs wurdet?
Wie heißt es so schön, wenn man nicht findet, was man sucht, dann muss man es eben selber machen. Wir haben uns als junge urbane Yogis einfach nicht genügend abgeholt gefühlt vom bestehenden Angebot und so ist aus einer spontanen Reise mehr geworden, als wir uns damals hätten vorstellen können. Die erste Yogareise für einen befreundeten Yogalehrer haben wir aus einem recht eigennützigen Wunsch heraus gestaltet – schlichtweg, weil wir mit ihm ein Retreat erleben wollten, das es so nicht noch nicht gab.
Was bedeutet Only Soul für euch genau?
Only Soul bedeutet, dass wir nicht nur jeden Ort und jeden Lehrer persönlich kennen, es ist für uns außerdem die Philosophie, nach der wir streben. Was wir selber am besten können, bleibt in unserer Hand, für alles andere gehen wir Kooperationen ein. Yoga soll dem Menschen helfen, Einklang zu finden und gleichzeitig über sich hinauszuwachsen. Yogareisen sind Teil dieser Erfahrung. Das Ziel unserer Reisen ist es, kollektive Erinnerungen mit Mehrwert zu schaffen, die auch noch in den Alltag hinein begleiten.
Welchen Mehrwert möchtet ihr euren Teilnehmern bieten und was unterscheidet euch von konkurrierenden Anbietern?
Wir wollen gemeinsam mit unseren Partnern wachsen, Erfahrungen austauschen und der Region etwas zurückgeben, die uns mit so offenen Armen empfängt. Der Austausch mit den Menschen vor Ort spielt hierbei die entscheidende Rolle. Mit jenen also, die die Region in- und auswendig kennen, die die alten Geschichten erzählen. Die uns mit ihrer Begeisterung für ihre Heimat anstecken und uns während unserer Recherchen liebevoll beraten. Im gleichen Atemzug geht es in unseren Yoga Retreats auch um einen achtsamen Umgang mit der Region, die die Teilnehmer besuchen werden. Sie sollen sich nicht fremd, sondern angenommen während unserer Yogareisen fühlen.
Wie wählt ihr eure Locations aus?
Wenn wir nach neuen Plätzen zum Verweilen für unsere Yoga Retreats suchen, dann folgen wir vor allem unserem Bauchgefühl. Und das nicht nur sinnbildlich. Yoga Retreats stellen für uns eine ganzheitliche Erfahrung dar. Wenn wir neue Orte erkunden, stehen drei Dinge ganz oben auf unserer Checkliste: Guter Schlaf, Raum für einen freien Geist und lokale Spezialitäten.
Was war ausschlaggebend für die Mongolei?
Die Mongolei war eine Herzensangelegenheit. Davids Mutter war schon häufiger vor Ort und hat immer wieder von den Reisen geschwärmt. Wir haben über Freunde einen persönlichen Bezug zur Reiseleitung vor Ort. Aus diesen Erzählungen heraus wurde für uns immer deutlicher, dass eine Reise durch die Mongolei wirklich noch so eine Reise ist, wie man sich das aus Abenteuerbüchern vorstellt.
Entscheidend waren auch die Erzählungen von der Naturverbundenheit der Nomadenfamilien, deren gelebte Spiritualität. Die Abgeschiedenheit, die schroffe Landschaft und die Tiefe der mongolischen Tradition – das alles hat uns sehr bewegt. Beeindruckend war für uns außerdem der Pragmatismus der Menschen, etwas das wir als „klassische Westler“ aus Industrienationen im Laufe der Zeit quasi verlernt haben. Alles, was man dort besitzt, wird verwendet und repariert. Es muss zuerst praktisch sein und im zweiten Schritt ist allem auch immer ein gewisser Geist inne. Sehr inspirierend.
Wie habt ihr die Kombination aus Yoga und der Mongolei erlebt?
Ehrlich gesagt haben wir uns nach den vierzehn Tagen gefragt, wie man so eine Reise ohne Yoga überhaupt durchstehen würde. Das Land ist so groß und die Distanzen zwischen den Übernachtungsplätzen sind zumeist mehrere Autostunden voneinander entfernt. Und das spürt man sehr schnell sehr deutlich. Eine Straße bleibt zwar eine Straße… Aber eine Straße in der mongolischen Steppe, befahren im russischen Minibus, das ist ein Abenteuer für sich! Daher waren wir mehr als dankbar für das tägliche Yoga.
Die Orte, an denen wir unsere Matten ausgerollt haben, waren natürlich auch absolut umwerfend. Normalerweise kennt man sowas aus dem Reisekatalog. Und dann stehen wir plötzlich selber dort. Ganz klein, nur unsere achtköpfige Gruppe. In jede Himmelsrichtung nichts als Weite. Das lässt einen wirklich demütig werden. Die Achtsamkeit der Yogaeinheiten haben uns den Ort viel intensiver spüren lassen und wir durften die Präsenz der Natur auf eine neue Art erleben.
Gab es einige besondere Erlebnisse, Momente oder Unternehmungen, die diese Reise außergewöhnlich gemacht haben?
Die Bezeichnung „exemplarisch“ sollte man bei einer Mongolei-Reise wirklich ernst nehmen. Das erste, was wir lernen und verinnerlichen mussten, war folgendes: Die Fahrt hängt vom Fahrer ab. So simpel es auch klingen mag, nach zwei Wochen weiß man ganz gut, was es wirklich bedeutet. Hat einer der Busse einen Platten (was öfter vorkommt und absolut normal ist), dann wankt der gesamte Ablauf.
Ohne Guide wären wir vollkommen aufgeschmissen gewesen. Auch das Wetter spielte eine große Rolle und das lässt sich ja bekanntlich nicht planen. Es gab oft keine gekennzeichneten Wege, von den erwähnten Straßen ganz zu schweigen. Routen ändern sich in der Mongolei mit der Witterung, Google Maps ist da vollkommen unbrauchbar. Unterwegs wird schon mal angehalten – falls man das Glück hat, auf andere zu treffen – und über die beste Route gefachsimpelt.
Es empfiehlt sich also eine ordentliche Portion Gelassenheit. Vielleicht klappt nicht alles immer so, wie zuerst gesagt oder angedacht wurde, aber irgendwie ist am Ende des Tages immer alles gut. Von diesen unvorhersehbaren und zunächst nicht verständlichen Planänderungen gab es während unserer Reise so einige – sie haben sich aber immer als etwas besonderes entpuppt. An dieser Stellen muss man auch sagen, dass unser mongolisches Reiseteam aus großartigen Improvisationskünstlern bestand.
Wie kam es zu dem Kontakt mit der Nomadenfamilie und wie habt ihr die Zeit mit ihr erlebt?
Der Kontakt wurde über unsere mongolische Reiseleitung hergestellt. Die Begegnung hat sich ein wenig wie bei einem ersten Date angefühlt. Vorsichtiges Herantasten und bloß nichts falsch machen! Unbedingt daran denken, dass man Gegenstände mit zwei Händen entgegennimmt – alles andere gilt als undankbar. Nachdem sich die erste Nervosität gelegt hatte, konnten wir jedoch ganz „normal“ miteinander umgehen und viele persönliche Dinge fragen. Die Sprachbarriere ist natürlich etwas störend, sorgt aber hier und da auch für lustige Missverständnisse. Wir sagen nur soviel: Unter einem mongolischen BBQ hatten wir Deutschen uns etwas anderes vorgestellt. Unvergesslich bleibt unser Erlebnis aber sicherlich gerade aufgrund solcher Anekdoten.
Auf euren Bildern sieht man immer wieder Kinder, die mit euch Yoga praktizieren. Wie wurdet ihr und das Yoga angenommen?
Zunächst waren wir uns nicht sicher, wie die Leute vor Ort das aufnehmen würden, wenn acht Europäer sich auf ihren Matten verdrehen, mit Gurten hantieren und auf Blöcken turnen. Aber ehrlich gesagt, waren die erwachsenen Mongolen recht unbeeindruckt. Die kleinen Mädchen auf den Fotos sind übrigens die Kinder der Nomadenfamilie. Für sie war das ganze natürlich noch spannender, was wir dort getrieben haben. Sie sind tollkühn direkt in die Praxis eingestiegen.
Als wir an einem anderen Tag am Ongiin Chiid Kloster vorbeikamen und für einen kurzen Zwischenstopp eingekehrt sind, wurden wir spontan vom Klostervorsteher eingeladen, im Tempelzelt unsere Einheit abzuhalten. Verständlicherweise waren wir sehr verunsichert, ob wir das wirklich machen sollten, aber er hat uns versichert, dass das kein Problem sei und sie manchmal auch Meditationsgruppen zu Besuch hätten. So durften wir eine sehr besondere Klasse abhalten, während der die jungen Mönche laut in ihren heilige Schriften gebetet haben und uns so sanft durch den Unterricht begleitet haben.
Inwieweit war die Reise für die Teilnehmer auch eine Herausforderung?
Ein klassischer Erholungsurlaub sieht auf jeden Fall anders aus. Es ist ein Abenteuer, auf das man sich einlässt, aber man kann sich nicht wirklich vorbereiten. Eben dieses Heraustreten aus der Komfortzone macht die Reise zu einer Erfahrung, von der man sehr lange zehrt. Es mag zwar wie das typische Klischee des Rucksackreisenden klingen, aber als wir zurückkamen, wussten wir es plötzlich sehr zu schätzen, einfach schnell den Wasserhahn oder die Heizung aufzudrehen – eben diese vielen Kleinigkeiten, die man im Alltag als so selbstverständlich ansieht. Denn wenn wir ehrlich sind, dann sind wir Deutschen auch Profis im Nörgeln auf hohem Niveau. Aushalten von nicht so bequemen Situationen, sich zu arrangieren und sein eigenes Verhalten zu überdenken, dabei hilft Yoga.
Wie hat euch die mongolische Natur geholfen euch mit der Natur zu verbinden und Yoga zu praktizieren?
Es ist ein wahnsinniges Privileg, so weit mit dem Flugzeug und dann mit dem Auto über Land zu reisen, „nur“ um seiner Yogapraxis nachzugehen. Aber vielleicht sind es eben gerade diese unendlich scheinende Weite und die natürliche Stille, die uns Großstädtern zu fehlen scheinen? Strebsam bemühen wir uns in unserem Alltag nach mehr Achtsamkeit und weniger Ablenkungen – diese Reise hat uns in vielerlei Hinsichten noch mal den Kopf gewaschen, Klarheit kreiert, Genügsamkeit vermittelt.
Ein viel zitierter Satz in unserer Reisegruppe war zum Beispiel: „Ich hol mir mal ne Tüte und sammle Scheiße.“ Klingt erstmal ziemlich lustig, der Ursprung der Aussage kam jedoch daher, dass die Nomaden wesentlich stärker im Einklang mit der Natur leben (müssen) und in einer besseren Kreislaufwirtschaft. Alles, was da ist, wird irgendwie verwendet. Wenn also der herumliegende Pferdekot durchgetrocknet ist, kann man ihn wunderbar zum Heizen der Jurte benutzen. Stinkt auch überhaupt nicht. (lachen)